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Digital und interaktiv
Computerspiele sind die Unterhaltung von morgen
Mit dem Siegeszug von Computer und Internet werden auch Computergames
immer populärer. Dienten sie noch vor wenigen Jahren der Unterhaltung
einer kleinen Gruppe von Fans, so rücken sie heute immer mehr Richtung
Mainstream. Das spüren auch die Unterhaltungs- und Spielzeugkonzerne.
Die Unterhaltung der Zukunft ist digital und interaktiv, und die Prozesse
in diesem dynamischen Sektor dürfen als paradigmatisch angesehen werden.
gen und Sammeln - darum geht es beim Pokémon-Spiel: Entwickelt hat es
Nintendo ursprünglich für den Gameboy, mittlerweile gibt es das Spiel
auch für die Konsole N64.
A300 Millionen Franken wurden in der Schweiz im vergangenen Jahr für
Computerspiele ausgegeben, zweistellige Zuwachsraten waren in den letzten
Jahren die Regel: Der Markt für Computerspiele könnte schon bald zum wichtigsten
Entertainment-Markt werden. Dass diese Prognose nicht zu hoch greift,
zeigt ein Blick in die USA: Dort überflügeln die Ausgaben für Computergames
bald diejenigen an der Kinokasse (6,6 Milliarden Dollar gegenüber 7,3
Milliarden). Kein Zweifel, wir haben es mit einem ausserordentlich dynamischen
Markt zu tun.
Wer sind die Konsumenten, was fasziniert sie, und welchen kulturellen
Stellenwert geben sie Computergames? Welchen Stellenwert erhält die elektronische
Unterhaltung für die Herstellerseite, und welche Tendenzen zeigen sich
auf dem Markt?
Die Konsumenten
Wer kauft und konsumiert Computerspiele? - Natürlich gehören Kinder
und Jugendliche dazu, und wer an einem schulfreien Nachmittag durch die
Spielwarenabteilungen der Warenhäuser wandert, findet diese These bestätigt.
Aber es sind nicht nur Kinder, sondern zunehmend auch junge Erwachsene.
Der Grund ist einfach: Die Generation der heute Zwanzig- bis Dreissigjährigen
ist mit dem Computer aufgewachsen und will auch im Erwachsenenalter nicht
auf diese Art der Unterhaltung verzichten. Darauf reagiert die Industrie,
die ein immer vielschichtigeres Angebot von Spielen auf den Markt bringt.
Besonders der Unterhaltungsriese Sony, aber auch der Branchenführer für
Unterhaltungssoftware, Electronic Arts, kümmern sich intensiv um die Zielgruppe
der jungen Erwachsenen: Populäre Games werden immer häufiger mit dem Soundtrack
von Musikgruppen ausgestattet, die genau den Geschmack dieser Publikumsschicht
treffen. Das populäre Racing-Game «Wipe Out 3» für die Playstation beispielsweise
integriert in den Soundtrack Songs der bekannten Popgruppe Moloko.
Computerspiele gehören an vielen Arbeitsplätzen zum Alltag, und auch
Angestellte von Firmen, denen das Installieren eigener Software untersagt
ist, brauchen nicht mehr zu darben, seitdem sich Online-Games im Internet
explosionsartig verbreiten. Es handelt sich dabei meistens um einfache
Geschicklichkeitsspiele: Aufsehen erregt etwa das seit Anfang Jahr zirkulierende
Spiel «Moorhuhnjagd», bei dem es einzig darum geht, das Computer-Federvieh
mit einigen gut gezielten Schüssen zur Strecke zu bringen. Dieses Game
war ursprünglich Teil einer Marketingkampagne für die Whiskeymarke «Jonny
Walker» und wurde ausschliesslich offline gespielt: Hostessen besuchten
mit Laptops Bars und Szenetreffpunkte und spielten mit den Gästen. Dass
gerade ein Werbespiel derart populär wurde, ist kein Zufall. Marketingexperten
machen hier ein grosses Wachstumspotenzial aus, und der neue Trend hat
auch bereits einen Namen: «Advertainment». Das Wort setzt sich zusammen
aus den Begriffen Advertisement und Entertainment.
Fast jedes erfolgreiche Computergame hat eine eigene, mehr oder weniger
klar abgegrenzte Gruppe von Anhängern («Community»). Das gilt speziell
für das Kultspiel «Quake». Anhänger von «Quake» - fast ausschliesslich
junge Erwachsene - organisieren sich als Clans und treffen sich zu eigentlichen
Meisterschaften übers Internet, aber auch real. Ähnlich sieht es beim
Strategiespiel «Age of Empires» aus. Die Mehrzahl der Internet-Sites zu
diesen Spielen kommt nicht vom Hersteller, sondern von unabhängigen Fangruppen.
Bekannt sind auch die Communities der Anhänger von Flugsimulationen: Hier
hat sich ein Zirkel von Erwachsenen gebildet, deren Mitglieder ihrer Leidenschaft
mit einer Ernsthaftigkeit, die beinahe an Besessenheit grenzt, frönen
und via Internet sogar virtuelle Fluggesellschaften gegründet haben.
Zwar fehlen genaue Zahlen für Europa, ein Blick auf die USA aber zeigt,
wohin die Reise geht: Sechzig Prozent oder 145 Millionen Amerikaner spielen
regelmässig Videogames. Der Durchschnittsspieler ist 28 Jahre alt und
nicht mehr automatisch männlich: In den USA sind bereits vierzig Prozent
der Benutzer weiblich, hier dürfte Europa noch etwas Nachholbedarf haben.
Dieselbe Untersuchung, die vom Branchenverband Interactive Digital Software
Association (IDSA) in Auftrag gegeben wurde, räumt auch mit einem weiteren
Vorurteil auf: Benutzer von Computergames sind keine Einzelkämpfer. Fast
sechzig Prozent der Befragten spielen Computergames zusammen mit Freunden,
rund vierzig Prozent mit Familienmitgliedern. Computerspiele sind heute
ein wichtiger Stützpfeiler der Entertainmentindustrie. Und sie sind darüber
hinaus zu einem eigenständigen kulturellen Phänomen geworden. Interaktivität,
Virtualität und Spiel mit der Realität sind für eine steigende Zahl von
Künstlern adäquate Mittel, um ihre Visionen zu realisieren.
Stellvertretend mögen hier die Versuche von Architektinnen und Architekten
der ETH Zürich rund um Maia Engeli und Patrick Sibenaler stehen. Sie verwenden
«Quake», um damit ihre eigenen Visionen von virtuellen Räumen zu realisieren.
Die Faszination erklären
Warum faszinieren Computergames? - Hinweise finden wir in der erwähnten
Studie aus den USA: Achtzig Prozent der Befragten finden Computerspiele
eine Herausforderung, für 55 Prozent wirken sie stresslindernd. Etwas
aufschlussreicher sind die Thesen eines Forschungsprojekts des Pädagogen
Jürgen Fritz, der in den Neunzigerjahren auf Initiative des Ministeriums
für Forschung und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen die Wirkung
von Computerspielen untersuchte. Nach seinen Resultaten ist eines der
entscheidenden Momente das Gefühl der Spieler, am Geschehen auf dem Bildschirm
teilzuhaben. Computerspiele ermöglichen es, das Geschehen aktiv zu beeinflussen
und zu steuern. Die Benutzer haben so einen Zugang zu virtuellen Welten,
der in ihnen oft das Gefühl entstehen lässt, «im Bildschirm drin zu sein».
Sie betrachten das Geschehen nicht von aussen, sondern haben aktiv Teil
an der virtuellen Welt. Heike Esser und Tanja Witting, Mitarbeiterinnen
bei diesem Forschungsprojekt, hielten an einer Fachtagung fest: «Computergames
eröffnen den Benutzern einen Spielraum, den sie kontrollieren und steuern
können. Die Komplexität des Lebens ist im Spiel auf dem Bildschirm weitgehend
aufgehoben und beschränkt sich auf wenige leicht erkennbare Schemata.
Bildschirmspiele bieten ihren Nutzern die Möglichkeit, Macht und Herrschaft
auszuüben sowie sich in schwierigen Situationen zu bewähren. Sie ermöglichen
auf diese Weise Erfolgserlebnisse in Leistungsbereichen und zu Spielinhalten,
die sich die Spieler selbst aussuchen und dessen Schwierigkeitsgrad sie
selbst bestimmen können.» Computerspiele sind nicht ohne Grund in zahllose,
oft ineinander verschachtelte Level und Schwierigkeitsstufen gegliedert.
«Im Computerspiel müssen immer wieder Teilziele erreicht werden. Und mit
jeder Bewältigung einer ‹Etappe› fühlt der Spieler sich stärker und kompetenter.
Die Teilerfolge stärken die Zuversicht der Spieler, ‹ans Ziel› zu kommen,
dorthin, wo keine Aufgaben mehr warten.» Viele Gamer sind in der Lage,
ein Spiel längere Zeit und in äusserster Konzentration zu spielen, sie
gehen völlig in dieser Tätigkeit auf und erleben jenen Zustand, den der
ungarisch-amerikanische Soziologe Mihaly Csikszentmihaly als «Flow-Zustand»
beschrieben hat. Dieser Zustand lässt sich zwar auch durch andere intensive,
spielerische Beschäftigungen erreichen, aber nur beim Computerspiel gelingt
dies so schnell und so einfach.
Image Problem
Am 20. April 1999 ermordeten der siebzehnjährige Dylan Klebold und
der achtzehnjährige Eric Harris an der Columbine Highschool in Littleton,
Colorado, zuerst zwölf Schüler und einen Lehrer, danach erschossen sie
sich selber. Schnell nach der Tat wurde bekannt, dass beide Schüler begeisterte
Computergamer waren und sich ihre Zeit unter anderem mit dem Schiessspiel
«Quake» vertrieben hatten. Computerspiele, so ein populärer (Kurz-)Schluss,
seien deshalb für die Bluttat verantwortlich. Die Frage, ob aggressive
Computergames Gewalt fördern, ist in der Wissenschaft umstritten und Gegenstand
zahlreicher Untersuchungen, die bisher zu keinen eindeutigen Ergebnissen
geführt haben. Unbestritten ist aber die Tatsache, dass die Branche ein
Problem hat, das möglicherweise mehr als ein Imageproblem ist. Nicht ohne
Grund führen Spiele mit gewalttätigem Inhalt mit konstanter Regelmässigkeit
die Hitparade der meistverkauften Games an. Der Grund dafür ist einfach:
Ohne Gewalt kein Computerspiel. Gewalt ist spannend, durch die permanente
Bedrohungssituation wird ein Abflachen des Spannungsniveaus verhindert.
Durch Gewalt wird Kontrolle und Macht ausgeübt - neben der Vermeidung
von Langeweile zählt dies zu den wesentlichen Motiven bei den Spielern.
Und: Die Gewalt im Computergame ist folgenlos und kann reuelos genossen
werden.
Lernmodelle
Das Imageproblem der Computergames hindert pädagogisch engagierte
Entwickler nicht daran, immer raffiniertere Lernsoftware zu entwerfen.
Denn Benutzer setzen beim Spielen am Computer riesige Energien frei und
vermögen während Stunden konzentriert vor dem Bildschirm zu sitzen respektive
zu «arbeiten». Wer es versteht, solche Motivationspotenziale zu nutzen,
hat eine gewaltige Trumpfkarte in der Hand. Seit den Pionierzeiten des
Computers wird daran gearbeitet, die digitale Technologie auch als Lern-
und Unterrichtshilfe zu nutzen. Die Pädagogen hatten immer schon eine
feine Nase, wenn es darum ging, populäre Unterhaltungstechnologien auch
für das Lernen einzusetzen. Es lohnt sich, die Lernideen des US-Pädagogen
Roger C. Schank näher anzuschauen. Schank hat sich auf dem Gebiet der
künstlichen Intelligenz und der kognitiven Modelle einen Namen gemacht,
bevor er sich an der Northwestern University von Chicago mehr pragmatischeren
Fragen des Lernens zuwandte. Er demonstriert seine Lernmodelle heute in
konkreten Simulationsumgebungen und entwirft Software für die Ausbildung
von Mitarbeitern von privaten und öffentlichen Betrieben. Betrachtet man
seine Lernmodelle, stellt man bald fest: Eigentlich geht es hier um mehr
oder weniger raffinierte Computergames. Computerspiele sind die Lernmodelle
der Zukunft. Warum? - Weil sie selbst gesteuert sind, durch Interaktion
den Lernenden zum Mitspielenden machen oder, ganz einfach, weil das Lernen
mit ihnen Spass macht. Eine weitere Beobachtung stärkt diese These: Zwar
hinkt Edutainment-Software in Bezug auf Technologie und Raffinesse hinter
der Gamesoftware her. Das hat aber weniger mit den Absichten der Entwickler
als mit dem vorderhand noch wenig entwickelten Markt zu tun. Fantastische
und raffinierte dreidimensionale Welten, so versicherte mir die Verantwortliche
für den Bereich Edutainment-Software bei Ravensburger Interactive, sind
Modell und Massstab für die Entwicklung von Edutainment-Programmen.
Der «Buzz-Lightyear-Effekt»
«Buzz Lightyear» ist ein Spielzeugastronaut und eine der Hauptfiguren
im Disney-Trickfilm «Toy Story». Der selbstbewusste, wenn auch leicht
dämliche Spielzeug-Protagonist macht dem Cowboy Woody in Andys Kinderzimmer
den Favoritenplatz streitig. Er hat dabei einigen Erfolg. Ein ähnlicher
Prozess - darum gelegentlich auch «Buzz-Lightyear-Effekt» genannt - ist
seit einiger Zeit in der Spielzeugindustrie zu beobachten: Der Boom der
Computerspiele nimmt den traditionellen Spieleherstellern Marktanteile
weg. Das Zeitbudget der Kinder ist beschränkt: Spielen sie mehr mit elektronischen
Spielsachen und mit Computergames, bleibt weniger Zeit für traditionelle
Spielwaren, die auch immer weniger gekauft werden. Wer in diesem Markt
seine Schlüsselposition behalten will, muss die Herausforderung annehmen.
Dass es aber nicht damit getan ist, einfach einen erfolgreichen Softwarehersteller
aufzukaufen, musste Marktführer Mattel realisieren, der auch nach dem
Kauf der Firma The Learning Company nicht aus dem Schlingern herauskam.
Es genügt längst nicht mehr, einige mehr oder weniger originelle elektronische
Produkte im Sortiment zu haben. Der dänische Spielzeugriese Lego hat darum
einen anderen Weg eingeschlagen, indem er elektronische Komponenten und
Computerspiele auf breiter Front in seine Welt integriert. Am oberen -
teuren, aber auch prestigeträchtigen - Ende des Sortiments ist der anspruchsvolle
Robotik-Bausatz «Mindstorms» positioniert. Daneben hat der Konzern eine
eigene Reihe von Computergames lanciert, die nur noch von den Bildwelten
her an Lego anknüpft. Auch einfache Konstruktionssets profitieren vom
Hightech-Image: etwa der «Robo-Rider», ein futuristisch anmutendes Roboter-Motorrad,
das sich in wenigen Minuten zusammensetzen lässt. Wer die Verpackung des
Robo-Riders im Kühlschrank einer Temperatur unter fünf Grad aussetzt,
erhält ein Passwort und kann sich damit auf den Internetseiten von Lego
in eine eigene Robo-Rider-Community einklinken.
Hardware-Entwicklung
Die Vorstellung, dass Computerspiele auf einem Computer gespielt werden,
ist nahe liegend, jedoch nur teilweise richtig: Neben den Spielen für
den Computer erobern nämlich Games für so genannte Konsolen den Markt
in einem atemberaubenden Tempo. Eines von zwei verkauften Spielen ist
heute ein Spiel für Konsolen. Diese sind zwar mit Mikroprozessoren ausgerüstet,
anders als PCs aber nicht für eine Vielzahl von Aufgaben konzipiert, sondern
nur zum Spielen gedacht. Weil sie wie ein Videogerät an den Fernseher
angeschlossen werden, heissen diese Spiele auch Videogames. Der Erfolg
der Spielkonsolen hat verschiedene Gründe. Einfachheit in der Bedienung
ist einer davon: Man legt eine CD-ROM ins Fach oder steckt eine Cartridge
ein und beginnt zu spielen. Durch Standardisierung laufen die Spiele auf
allen Geräten des jeweiligen Herstellers einwandfrei. Technologisch sind
die heute verbreiteten Konsolen mindestens so leistungsfähig wie PCs.
Sie benötigen kein ressourcenverbrauchendes Betriebssystem und beeindrucken
mit einer starken Grafik- und Soundleistung. Dass auch bei Fehlmanipulationen
keine anderen Daten beschädigt oder zerstört werden, dürfte vor allem
für Familien ein wichtiges Argument sein. Mit Preisen unter 200 Franken
sind diese Geräte gegenüber PCs konkurrenzlos günstig. Die Hersteller
verdienen nicht mit der Hardware, sondern mit den Spielen. Videogames
sind in der Branche das Segment mit der grössten Wachstumsrate und entsprechenden
Gewinnen für die Hersteller. Nach Angaben des «Economist» sorgten die
Verkäufe von Hard- und Software rund um die Playstation von Sony im Jahr
1998 für knapp die Hälfte des operationellen Gewinns des gesamten Konzerns.
Alle Hersteller von Konsolen setzen auf neue, leistungsfähigere Geräte:
Sega hat im vergangenen Herbst Dreamcast auf den Markt gebracht, Sony
setzt auf die Playstation 2, die ab Herbst erhältlich sein wird, und Nintendo
arbeitet an einem neuen Gerät unter dem Codenamen Dolphin, das im kommenden
Jahr zu kaufen sein soll. Die neuen Geräte haben eines gemeinsam: Sie
sind so leistungsfähig wie teure Grafikstationen und lassen sich auch
als Internetterminal nutzen. Die Geräte von Sony und Nintendo können ausserdem
auch DVD-Medien abspielen, lassen sich also auch als billige Abspielgeräte
von Filmen nutzen. Bei der Entwicklung der Spielkonsolen lassen sich mehrere
Trends festmachen. Erstens bestätigt sich die These, wonach in Zukunft
eine Vielzahl von billigen, spezialisierten Geräten den universellen und
teuren PC zurückdrängen wird. Zweitens vollzieht sich in ihnen die viel
diskutierte Konvergenz von Computer und TV. Die Zukunft der Unterhaltung,
drittens, ist interaktiv. Es ist zumindest technisch denkbar, dass sich
der Zuschauer der Zukunft mit einem interaktiven Film unterhält, dessen
Daten zu einem Teil über ein terrestrisches Telekommunikationsnetz und
gleichzeitig über digitale TV-Kanäle übermittelt werden. Der Unterhaltungsriese
Sony geht noch einen Schritt weiter: Nachdem er zunächst den Bereich Computer-Entertainment
zu einer eigenständigen Division macht, will er die Impulse aus diesem
Geschäft konzernweit nutzen und die neue Spielkonsole Playstation 2 ins
Zentrum der gesamten Konzernaktivität stellen. Das Internet wird das Geschäftsmodell
der Branche in den nächsten Jahren erheblich verändern. Die heute immer
beliebter werdenden Online-Games sind nur die Vorboten einer Entwicklung,
die den Zwischenhandel dereinst wohl ganz eliminieren wird. Einzig die
riesigen Datenmengen respektive die fehlende Übertragungskapazität stehen
der digitalen Distribution via Netz heute noch im Wege.
Paradigmatische Wechsel
Computergames sind mehr als Kinderspiele. Eine Analyse des Marktes
zeigt eine interessante Dynamik: 1. Computerspiele haben sich von einem
Nischen- zu einem Mainstreamprodukt entwickelt: In den USA spielen bereits
sechzig Prozent der Erwachsenen regelmässig. Die Ausgaben für Games werden
bald jene fürs Kino übersteigen, und ihre Faszination stellt die Spielwarenindustrie
vor eine neue Herausforderung und wird zu Umschichtungsprozessen in der
Branche führen. 2. Nicht nur Kinder, sondern auch junge Erwachsene bilden
die Zielgruppe der Industrie. Games sind in der Kultur der Jugendlichen
und jungen Erwachsenen ein fixer Bestandteil und ebenso Gegenstand von
künstlerischen Auseinandersetzungen. 3. Computergames ermöglichen eine
interaktive Form der Unterhaltung, die in dieser Form und Dichte bisher
nicht möglich war. Benutzerinnen und Benutzer werden darin selber Teil
einer virtuellen Welt und erleben den «Flow-Zustand». 4. Gewalt gehört
zur Welt des Computergames genauso wie zum populären Genre des Actionfilms.
Trotzdem ist das Computerspiel ein wichtiges Lernmodell der Zukunft: Lernen
mit solchen Spielen ist selbst gesteuert, und ein konstanter Fluss von
kleinen Gratifikationen erhält die Motivation. Das bedeutet: Lernen mit
Computerspielen macht Spass.
Dominik Landwehr
gdi_impuls - Oktober 2000
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